Speiseregeln
Die jüdische Kultur ist untrennbar mit dem Glauben verknüpft, daher sind die festlichen Mahlzeiten ein Bestandteil des religiösen Rituals.
Jede Speise hat eine symbolische Bedeutung. Das kann man an dem Beispiel des Pessachfestes sehr deutlich erkennen, da der Höhepunkt nicht in der Synagoge, sondern in einer häuslichen Feier mit einem festlich gedeckten Tisch endet. Dort spielen Speisen und Getränke eine eben so große Rolle wie das gesprochene Wort.
Die jüdische Küche hat sich jahrhundertelang unter dem Einfluss der klimatischen Bedingungen und der kulinarischen Gewohnheiten der Länder entwickelt, in denen die Juden eine neue Heimat fanden. Die ortsüblichen Kochrezepte wurden mit den Bestimmungen der rabbinischen Autoritäten ergänzt und umgewandelt. Die jüdische Zubereitungsweise beeinflusste auch einzelne Speisen der nationalen Küche.
Die rituellen Speisevorschriften werden als Kaschrut-Gesetze bezeichnet. Das Einhalten dieser Vorschriften führt in der Vorstellung der Juden zur Harmonie zwischen Körper und Seele . Die Tora lehrt die Menschen sich danach zu richten, daher gibt es 613 göttliche Gebote, wovon mindestens 50 sich mit Tischsitten beschäftigen.
Für die Juden ist die Küche nicht nur ein Ort, wo Speisen vorbereitet werden, sondern es ist das geistige Zentrum des Haushaltes. Das Einhalten der Speisevorschriften dient dazu den Alltags zu heiligen. Durch das Erfüllen der Mizwot (der göttlichen Gebote) wird auch eine so alltägliche und gewöhnliche Tätigkeit wie der Zubereitung von Speisen zum Dienst an Gott erhoben. Die Kaschrut, ebenso wie zahlreiche andere Gebote, die das tägliche Leben betreffen, soll helfen, den Dualismus von Physischem und Geistigem, Alltäglichem und Geheiligtem zu überbrücken.
Der Talmud vergleicht den jüdischen Haushalt mit einem kleinen Tempel und den gedeckten Tisch mit einem Altar. Dort durfte nur ein Opfer liegen, was den komplizierten rituellen Vorschriften entsprach. Jede Mahlzeit hatte durch ihre Handlung verschiedene Bedeutungen oder Symbole, jede Einzelheit hatte darin ihren Platz und ihren Zweck.
Die Speisen müssen koscher (rein, tauglich, geeignet) sein. Außerdem unterscheidet man drei Arten von Tieren: auf dem Land lebende Tiere, Meerestiere und Geflügel. Diese müssen bestimmte Eigenschaften besitzen, um als rein zu gelten.
Auf dem Land lebende Tiere:
"Alle Tiere, die gespaltene Klauen haben, Paarzeher sind und wiederkäuen, dürft ihr essen." (Lev 11,3). Fehlt eines der Merkmale so ist der Verzehr des Fleisches verboten. Als Beispiele werden in der Tora das Kamel, das Kaninchen und der Hase genannt, da sie zwar Wiederkäuer sind, aber keine gespaltenen Klauen besitzen. Das Schwein ist hat zwar gespaltene Hufen, aber es ist kein Wiederkäuer und ist deshalb ausdrücklich verboten. In der Makkabäerzeit galt das Essen von Schweinefleisch schon als Zeichen des Verfalls des Judentums.
Meerestiere:
"Alle Tiere mit Flossen und Schuppen, die im Wasser leben, dürft ihr essen." (Lev 11,9-12). Nach diesen Kriterien sind Aal, Austern, Hummer, Krebse, Muscheln und Schnecken verboten.
Geflügel:
Fast das gesamte Geflügel gilt als rein, nur die Raubvögel werden in 2 Bibelstellen (Lev 11,13-19 und Dt 14,12-18) als unrein bezeichnet. Auch Insekten, außer vier Arten von Heuschrecken, gelten als unrein. Tote und durch Raubtiere gerissene und kranke Tiere dürfen auch nicht gegessen werden.
Vor- und Zubereitung der koscheren Tiere
In der Bibel ist der Genuss des Blutes strikt verboten, deshalb wurde eine spezielle Schlachtmethode (Schächten) entwickelt.
Der ausgebildete Schochet ("Schächter") durchschneidet mit einem scharfen Messer in einem Zug die Halsschlagader, Luftröhre und Speiseröhre, so kann das Blut ganz ablaufen.
Der Menakker steht dem Schochet zur Seite und entfernt die verboten Fettstücke und die Hüftsehnen, denn der Genuss ist seit dem Kampf zwischen Jakob mit dem Engel verboten. Der Schochet und der Menakker unterstehen der Aufsicht des Rabbiners, welcher für anfällige Fragen verantwortlich ist.
Das allerletzte Blut wird von der Hausfrau entfernt. Sie koschert das Fleisch, indem sie es eine halbe Stunde in lauwarmes Wasser einweicht, abtupft, auf allen Seiten einsalzt und auf eine schräge Unterlage oder ein Abtropfbrett legt, so konnte das noch vorhandene Blut ungehindert auslaufen. Nach einer Stunde wurde das gesalzene Fleischstück dreimal in Wasser gespült. Da Fisch nicht als Fleisch betrachtet wird, braucht es nicht erst durch Schächten und Einsalzen koschert gemacht werden.
Das Verbot des Mischens von Fleisch und Milch
"Du sollst ein Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen." (Ex 23,19 und 34,26; Dt 14,12). Die dreifache Nennung des Verbotes interpretiert der Rabbiner als drei Verbote: das Verbot des Essens, Nutznießens und Kochens von Milchprodukten zusammen mit Fleisch.
Wenn man z.B. als Hauptgericht Fleisch gegessen hat, so muss man warten bis das Fleisch verdaut ist (in der Regel 6 Stunden), bevor man eine Milchspeise zu sich nehmen darf oder man benutzt Sojamilch als Ersatz. Die Milchspeisen sind nach einer halben Stunde verdaut. Selbst die Töpfe, Geschirr (außer Glas, das gilt als neutral), Besteck, Tisch und Küchentücher werden für "Milchiges" und "Fleischiges" getrennt.
Da Fisch, Obst und Gemüse, Eier, Pflanzenöl und Pflanzenmargarine parwe (neutral) geltet kann man dies mit Fleisch- und Milchspeisen verzehren.
Alkohol
Weine und alle Spirituosen, die aus vergorenen Trauben hergestellt werden (Most, Champagner, Cognac), müssen koscher sein, d.h. unter Aufsicht geerntet und verarbeitet werden. Alle Spirituosen die nicht aus Trauben hergestellt, wie Bier, Whiskey, Wodka oder Liköre unterliegen dagegen keinen besonderen Vorschriften.
verfasst von Veronika E.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2000/2001