Kurt Weill
Wenn einem der Namen Kurt Weill begegnet, so erscheint der Name vielleicht unbekannt oder es fällt nur das Stichwort, dass er ein Komponist war. Hört man zusätzlich jedoch, dass er es war, der die "Dreigroschenoper"(1) komponiert hat, so geht eventuell doch ein kleines Licht auf.
Fritz Haase, Sibylle Haase für das Bundesministerium der Finanzen und die Deutsche Post AG / Public domain
Also ist er doch nicht so unbekannt, wie man vielleicht erst glaubte. Eine bildliche Vorstellung existiert in den Köpfen trotzdem nicht so richtig und da möchte ich ein bißchen nachhelfen.
Uwe Friedrich sagte einmal: "Kurt Weill war ein kleiner Mann. Schätzungsweise ein Meter sechzig, höchstens. Mit einer großen Brille, den dunklen Augen und seinem runden Gesicht wirkte er immer ein bißchen kindlich."
Kurt Weill war einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Die Verbindung von zeitgenössischer Literatur und Musik sollte typisch für ihn werden. Er wurde bewundert und zugleich auch verspottet. Sein Stil war gegen die Romantik gerichtet und dissonant.
Seine Eltern zogen 1898 aus Süddeutschland nach Dessau und am 2. März 1900 erblickte dort ihr Sohn Curt Julian Weill das Licht der Welt. Er wurde als dritter Sohn der jüdischen Familie geboren. Curt Julian nannte sich jedoch ab dem 10. Lebensjahr nur noch Kurt. Seine Familie war sehr musikalisch. Seine Mutter stammte aus einer Rabbinerfamilie. Sein Vater, Kantor und Religionslehrer in einer jüdischen Gemeinde in Dessau, übernahm 1912 Kurts musikalische Grundausbildung. Dazu gehörte natürlich auch das Klavierspielen, welches schon bald Erfolge zeigte.
Kurt Weill interessierte sich schon seit seiner Kindheit für Opern und Theateraufführungen. Und da ihn die Aufführungen so sehr beeindruckten, versuchte er sich schon mit 10 Jahren als kleiner Komponist. 1913 stellte er seine ersten Kompositionen fertig. Die ersten richtigen Anstöße für sein Interesse am Komponieren erhielt er von Albert Bing, der 1915 als Opernkapellmeister an das Hoftheater berufen worden war. Albert Bing, unterrichtete neben Klavier auch Kompositionslehre und vermittelte Weill noch unbekannte theoretische Kompositionskenntnisse.
Schließlich arbeitete Weill 1916 selbst als Klavierlehrer und machte wenig später sein Abitur. 1918 erhielt er ein Stipendium und schrieb sich an der Hochschule für Musik in Berlin ein. Während dessen litten seine Eltern unter einer schlechten finanziellen Lage. Weill brach deshalb sein Studium ab, um zum Unterhalt seiner Familie beizutragen. Seine Hilfe glückte, er konnte eine Stelle als zweiter Kapellmeister am Stadttheater in Lüdenscheid antreten. 1920 endete sein Vertrag und Kurt Weill bewarb sich für die Meisterklasse des berühmten Kompositionslehrers Ferruccio Busoni und wurde natürlich angenommen. Also setzte er sein Studium bis 1923 in Berlin fort und schloss mit dem Diplom der preußischen Akademie der Künste ab. Während dieser Zeit komponierte er seine erste Symphonie und wurde Mitglied der Musikabteilung der "Novembergruppe". Die "Novembergruppe" war ein Zusammenschluss oppositionell gesinnter Künstler. Ihr Ziel war die Demokratisierung des Kunstgeschehens.
Weill entwickelte eine intensive Bindung zu seinem Lehrer Ferruccio Busoni, der ihn in seinem Schaffen stark beeinflußte. Es entstanden vielbeachtende Werke. Zur selben Zeit begegnete er erstmals Lotte Lenya, die sich als Mitwirkende bei der Aufführung eines Balettes von Weill beworben hatte.
Im Januar 1924 arbeitete er mit dem expressionistischen Bühnenautor Georg Kaiser an einer dreiaktigen Pantomime, aus der später eine einaktige Oper, genannt "Der Protagonist" wurde. Nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch beschäftigte Weill sich mit der Form der Oper. Zusätzlich schrieb er bis 1929 Rezensionen zur Veröffentlichung für die Zeitschrift "Der deutsche Rundfunk".
1926 heiratete er die Tänzerin und Sängerin Lotte Lenya und seine erste Oper "Der Protagonist" wurde in der Dresdner Staatsoper uraufgeführt. Bald machte er seine ersten Begegnung mit Bertolt Brecht. Im Sommer 1928 fuhren sie gemeinsam nach Frankreich, um ungestört arbeiten zu können. Die kommenden 2 Jahre waren von ihrer gemeinsamen Arbeit, die das jedem bekannten Stück "Dreigroschenoper" hervorbrachte, gekennzeichnet.
1927 schrieben sie die Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny"(2). Der Erfolg war so groß, dass die beiden sich vor Aufträgen kaum noch retten konnten. Im Laufe der Arbeit mit Brecht entwickelte Weill populäre Stilformen, hin zur Vokal- und Bühnenmusik. Dazu verwendete er Elemente aus der gesamten Musikgeschichte, dies machte seine Musik lebendig und er machte sich damit beim Publikum beliebt. 1930 fand die Uraufführung der Oper "Der Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" statt. Das Stück provoziert aufgrund seiner Kapitalismuskritik rechtsradikale Krawalle und wird zu einem der größten Theaterskandale der Weimarer Republik. Nach der Uraufführung bekamen Weill und Brecht den Hass der Nationalsozialisten zu spüren. Diese starteten einen unsachlichen Angriff gegen die Vorführungen, die sie immer wieder zu verhindern oder zu stören versuchten. Das Stück blieb dennoch eines der erfolgreichsten seiner Zeit. Zwischen Brecht und Weill aber entwickelten sich zunehmend Meinungsverschiedenheit. Der eine machte sich für eine Dominanz des Wortes stark, der andere hielt die Musik für das Zentrale. Eine Trennung der beiden schien unvermeidbar.
Die Uraufführungen weiterer Arbeiten gerieten unter den Beschuss der Nationalsozialisten. Mit ihrer Machtergreifung, klang auch Weills Musik in Deutschland ab. Wie man schon voraussehen konnte, schien der einzige Ausweg, die Auswanderung aus Deutschland zu sein. Dies tat Weill 1933 und wanderte zuerst nach Frankreich aus, wo er sich in Paris niederließ. Auch in Frankreich brachte die Aufführung der "Dreigroschenoper" großen Erfolg. Noch in demselben Jahr lässt Weill sich von Lotte Lenya scheiden und bald stellte sich heraus, dass er selbst in Paris nicht vor den Nationalsozialisten sicher ist, da sie ebenfalls wieder seine Aufführungen störten. 1934 erhielt er ein rettendes Angebot aus Amerika. Weill sagte sofort zu und wanderte über London in die USA aus. Er sollte ein religiöses Massenspiel über die Geschichte des jüdischen Volkes komponieren. Hier arbeitete er mit Franz Werfel, der wie Weill, aus dem jüdisch-deutschen Kulturraum stammte und nach der Angliederung Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland in die USA auswanderte, zusammen. Sie riefen nun die Oper "The Eternal Road" (3, deut.: "Weg der Verheißung") ins Leben. Der "Weg" ist eine Umsetzung des Alten Testaments in die damalige Zeit. Es ist eine Oper über die Geschichte der Juden, eine Zusammenfassung über das gesamte Geschichte des Judentums und zugleich ein Vorgriff auf den Holocaust.
"The Eternal Road" wurde am 04.01.1937 in New York, in englischer Sprache, uraufgeführt. Weill reiste mit Lotte Lenya dorthin, was er gleichzeitig als endgültigen Abschied von Europa sah. Auch diese Aufführung wurde ein riesengroßer Erfolg, aber die Ausgaben konnten trotz großer Besucherzahlen nicht gedeckt werden und die Vorstellungen mussten abgesetzt werden. Weill konnte nur langsam seine Existenz wieder aufbauen. Er heiratete in dieser Zeit Lotte Lenya zum zweiten Mal.
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-2005-0119 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE
Ende 1938 reichte Kurt Weill seine amerikanische Staatsbürgerschaft, die ihm sehr wichtig war, ein. Mittlerweile fühlte er sich als Amerikaner. Während einer Party von Maxwell Anderson knüpfte er mit Dramatikern entscheidende Kontakte und entwickelte in den Gesprächen Ideen zu einem Musical. Es dauerte nicht lange und es folgte am 19. Oktober die Uraufführung von "Knickebocker Holiday". Das zentrale Lied, der "September-Song" des Hauptdarstellers, ist bis heute in Amerika Weills berühmtestes Stück. Damit hatte sich Weill an den amerikanischen Musical-Stil angenähert, welcher von europäischen Elementen durchsetzt war. Danach wurde Weill nicht mehr als seriöser Komponist anerkannt, da er mittlerweile an Geld- und Erfolgssucht litt. Ebenfalls vernachlässigte er seinen früheren Stil.
1941 folgte das Musical "Lady in the dark". Erst 1943 erhielt Kurt Weill die amerikanische Staatsbürgerschaft und es folgte die Uraufführung von dem Stück "We will never die", welches den Mord an Millionen von Juden im von den Nationalsozialisten besetzten Europa thematisiert. Während der Kriegszeit schrieb er noch drei große Stücke, die man jedoch mit den vorigen Erfolgen nicht mehr messen konnte.
1947 bearbeitete er noch die israelische Nationalhymne "Hatikyah" für große Orchester.
Am 3. April 1950 stirbt Curt Julian Weill an den Folgen eines Herzinfarktes in New York.
Foto: OTFW, Berlin / CC BY-SA
verfasst von: Anita K.
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(1) Es waren alte und neue musikalische Ausdrucksformen enthalten. Die Oper lehnte sich an eine "Bettleroper", die von J. Gay 200 Jahre vorher geschrieben hatte, an. Es war eigentlich keine Oper im herkömmlichen Sinne, sondern ein von Nichtsängern aufgeführtes musikalisches Stück. Kriminelle Seiten der großstädtischen Welt werden mit Bettlern, Prostituierten und Räubern in den Hauptrollen dargestellt.
(2) Die Stadt Mahagonny wird als Goldstadt des Konsums und des Vergnügens illustriert. Sie wurde für die Leute gegründet, die in ihrem arbeitsreichen Leben kaum Zeit zum Genießen finden. Das Schicksal eines einfachen Holzfällers endet tödlich. Grund dafür war eine Verwechslung und Geldmangel.
(3) Eine jüdische Gemeinde wird verfolgt und sie flüchten in ihre Synagoge. Der Rabbi liest aus der Tora vor und die Figuren aus der Bibel erwachen zum Leben. Vergangenheit und Gegenwart wechseln sich ab. Die Gemeinde wird von Soldaten aus dem Gebetshaus getrieben. Es erscheint der verheißene Messias.
Franz Werfel ist für den deutschen Text verantwortlich.
Quellen:
"Kurt Weill- Leben und Werk" von Jürgen Schebera, VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig
"Kurt Weill- eine Biographie in Texten, Bildern und Dokumenten" von Jürgen Schebera, VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig