Lion Feuchtwanger
Biographisches
Lion Feuchtwanger wurde am 7. Juli 1884 als Sohn eines jüdischen Fabrikanten in München geboren. Nach seinem Abitur 1903 studierte er Germanistik und Geschichte in München. In dieser Zeit verfasste er seine ersten Dramen, Erzählungen sowie Theaterkritiken. 1912 heiratete er Marta Loeffler. Seine kurz darauf geborene Tochter starb nach wenigen Tagen. Feuchtwanger und seine Frau waren 1914 auf einer Tunesien-Reise, als sie vom Ersten Weltkrieg überrascht wurden.
Mit Mühe entging er einer französischen Internierung. Im selben Jahr wurde er krankheitshalber aus dem Militärdienst in München vorzeitig entlassen. Ab diesem Zeitpunkt bekamen seine Theaterstücke mehr politischen Inhalt; er wurde zum frühen Kriegsgegner. 1918 veröffentlichte Feuchtwanger das Drama „Jud Süß“, das er kurze Zeit später trotz großen Erfolges zurücknahm und zum Roman erweiterte, den zunächst niemand verlegen wollte. Erst sieben Jahre später, 1925, wurde der Roman „Jud Süß“ herausgegeben. Lion Feuchtwanger sucht in dieser Geschichte Parallelen zur Frage nach der Möglichkeit einer Assimilierung der Juden in Deutschland.
Als 1933 der Nationalsozialismus in Deutschland Einzug hielt, ließ er sich in Frankreich nieder. Er wurde nun als Schriftsteller politisch tätig: Der Roman „Die Geschwister Oppenheim“ beschreibt das Schicksal einer deutsch- jüdischen Familie in Berlin zur Zeit des Nationalsozialismus. Während des Zweiten Weltkrieges 1940 entkam er mit Hilfe seiner Frau aus dem französischem Exil und floh vor den einrückenden deutschen Truppen nach Los Angeles. Zwei Jahre später schrieb er seine Erfahrungen in „Unholdes Frankreich“ nieder. Nach dem Krieg wandte er sich wieder historischen Romanen zu. 1948 wurde Feuchtwanger des Kommunismus verdächtig, er starb am 21. Dezember 1958 in Los Angeles.
Die jüdischen Wurzeln Feuchtwangers, finden ihre Anfänge im 16. Jahrhundert in Mittelfranken, wo sich das kleine Städtchen Feuchtwangen befindet. Im mittelfränkischen Feuchtwangen begann 1555 eine Leidenszeit, wobei ein Pogrom aus unbekannten Anlass die jüdischen Einwohner der Stadt vertrieb. Die Verjagten nannten sich von nun an die „Feuchtwanger“. Die Abstammung Lion Feuchtwangers geht auf die Fürther Feuchtwanger zurück. Die Familiengeschichte beginnt bei Jakob Löw Feuchtwanger. Der wurde am 2. März 1854 geboren und war der Vater des Schriftstellers. Trotz der angesehenen Stellung des Vaters, der sehr wohlhabend war, fühlte dieser, dass er als etwas Minderes behandelt wurde, eben als Jude. Dieses Thema ließ Feuchtwanger sein Leben lang nicht los. Viele seiner Werke erzählen über jüdische Schicksale, wie „Die Geschwister Oppermann“ oder „Jud Süß“.
Der Roman "Jud Süß"
Der Roman „Jud Süß“ handelt von dem Juden Josef Süß Oppenheimer, der als Finanzberater des württembergischen Herzogs Karl Alexander tätig ist und später grausam hingerichtet wird. Als der Katholik Karl Alexander über das protestantische württembergische Land zu regieren beginnt, wird Josef Süß von diesem zum Geheimen Finanzrat ernannt. Von nun an ist Süß an der Macht, da dieser die alleinige Kontrolle über die Finanzen besitzt. Der Herzog beschäftigt sich ständig mit einem großen Projekt – er will das Land einer Rekatholisieren. In dieser Angelegenheit sieht der Herzog Josef Süß als Hilfe. Jedoch baut sich zwischen den beiden eine unüberwindbare Spannung auf. Diese wird durch den Tod Naemi – Süß' Tochter – ausgelöst. Der Finanzrat lässt das Projekt scheitern und wird für den darauf folgenden Tod des Herzogs verantwortlich gemacht. Süß wird vom neuen Herzog Karl Rudolf zum Tod durch den Strang verurteilt, da dieser einen unglaublichen Hass auf den Juden besitzt. Der Todestag des Josef Süß Oppenheimer gilt nun als Feiertag. Das Volk bejubelt den Tod, da dieses den Juden nie akzeptierte.
Foto Einband: H.-P.Haack / CC BY
Lion Feuchtwanger hatte in seinem Roman „Jud Süß“ die historischen Begebenheiten weitgehend beachtet. Neu aufgenommene Motive waren zum Beispiel die Tochter Naemi und ihr tragischer Tod oder die Gestalt des Rabbi Gabriel. Feuchtwanger änderte nur dort die Wirklichkeit, wo es nötig war, um den Ablauf und die Aussage in seinem Sinne noch zu verdeutlichen. Unter anderem ließ Feuchtwanger die Erbfolgechancen Karl Alexanders beim ersten Zusammentreffen mit Josef Süß Oppenheimer 1732 viel unwahrscheinlicher erscheinen, als es in Wirklichkeit der Fall war. Der Thronfolger war bereits 1731 gestorben, und trotz der späten Versöhnung mit seiner lange vernachlässigten Gemahlin hatte der alternde Eberhard Ludwig nur wenig Chancen auf einen weiteren Sohn. Aber das fast Unmögliche passierte, als Karl Alexander tatsächlich Herzog wurde. Eine überragende Bedeutung für Feuchtwanger erhielt schließlich die ungewisse Abstammung von Josef Süß Oppenheimer, der eigentlich von einem christlichen Feldmarschall stammte. Im Roman „Jud Süß“ machte der Verzicht, durch den Hinweis auf seine christliche Geburt sein Leben zu retten, Oppenheimer zur tragischen Figur. Außerdem beschrieb Feuchtwanger es in seinem Werk so, dass der Herzog und der Hofjude das württembergische Volk ausgebeutet hatten.
Für Lion Feuchtwangers Roman „Jud Süß“ fand sich zwei Jahre lang kein Verleger für das dann vielgelesene Buch. Ohne große Erwartungen gab der „Drei Masken Verlag“ 1925 6000 Exemplare heraus. Ben Huebsch, ein mächtiger amerikanischer Verleger, las „Jud Süß“ und war begeistert. Daraufhin erwarb dieser sofort die Rechte für Amerika. Im Oktober1926 erschien der Roman unter dem Titel „Power“ und wurde ein großer Erfolg. Einen Monat später wird die englische Ausgabe „Jew Süß“ von Martin Secker in London herausgegeben.
verfasst von Carolin P.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2000/2001