Der Jom-Kippur-Krieg 1973
Als Anwar as Sadat 1970 Präsident Ägyptens wurde, erklärte er sich zu einem Friedensvertrag mit Israel bereit, sofern dieses die Halbinsel Sinai wieder an Ägypten abtreten würde. Sollte dieser Vorschlag abgelehnt werden, drohte Sadat ausdrücklich mit Krieg. Golda Meir war zu dieser Zeit Ministerpräsidentin in Israel und besaß ein relativ schmales Weltbild von allen Arabern und Nichtjuden als "Judenhassern". Eine Grauzone zwischen schwarz und weiß existierte nicht. Sie begriff gemeinsam mit ihrem Außenminister Mosche Dayan, der die Lage Israels zu diesem Zeitpunkt als außerordentlich gut erklärte nicht, dass eine völlig neue Situation eingetreten war, als der mächtigste Feind Israels ein stichhaltiges Friedensangebot unterbreitete. Man wollte am Status Quo festhalten, oder einen umfassenden Friedensvertrag verbunden nur mit einem Teilabzug der eigenen Truppen von der Halbinsel. So wiesen Meir und Dayan zusammen mit der Labor-Regierung das Angebot zurück und die Möglichkeit des Friedens wurde vertan.
Sadat hingegen fühlte sich verhöhnt und nicht ernst genommen. Er plante mit Syriens Präsident Hafis Assad ein Täuschungsmanöver, welches seinesgleichen in den Nahostkonflikten nicht wiederfinden wird.
Es sollte ein gleichzeitiger und koordinierter Angriff gegen Israel sein. Während die ägyptische Armee israelische Stellungen entlang des Suez-Kanals angreifen sollte, war es die Aufgabe Syriens die Israelis auf den Golanhöhen zu bekämpfen.
Am 6. Oktober 1973, als die Juden Jom Kippur feierten, starteten beide Staaten den Überraschungsangriff. Die israelische Bevölkerung sowie die Regierung waren schockiert, schätzte man die Araber doch als schwach und rückständig ein. Nach Anfangserfolgen der arabischen Streitkräfte gelang es der israelischen Armee auf Grund eines verbitterten Kampfes, die Oberhand zu gewinnen und über den Suez-Kanal nach Ägypten sowie im Norden bis auf wenige Kilometer vor Damaskus nach Syrien vorzustoßen. Die israelische Regierung war während dieses Krieges bereit ihre Atombomben zur Anwendung zu bringen. Golda Meir bewahrte in dieser schwierigen Situation jedoch Ruhe und entschied sich gegen die atomare Option, da sie glaubte den Krieg auch mit konventionellen Waffen gewinnen zu können.
Durch die Vermittlung des amerikanischen Außenministers Henry Kissinger gelang es 1974 und 1975 ein Truppenentflechtungs-Abkommen mit Ägypten zu erwirken. Israel zog sich teilweise von der Halbinsel Sinai zurück und auch mit Syrien konnte ein Truppenentflechtungs-Abkommen an der Golanfront geschlossen werden.
Rückblickend endete der Jom-Kippur-Krieg unentschieden. Während Syrien und Ägypten militärisch nur sehr begrenzte Erfolge erzielen konnten, errangen sie doch politisch einen wichtigen Sieg. Der arabisch-israelische Konflikt wurde durch Sadats militärischen Schachzug aus der Erstarrung gelöst und der politische Prozess wurde wieder in Bewegung gebracht.
90% des Konflikts sei psychologischer Natur. Die Araber hatten 1973 der Welt bewiesen, dass sie nicht das rückständige, einfältige Volk waren, auf welches man sie oft reduziert hatte. Der Krieg hatte den Arabern ihr Selbstvertrauen und ihre Ehre zurückgegeben, welche nach dem 6-Tage-Krieg völlig verloren gegangen waren. Gleichzeitig begrub er auch den Mythos von Israels Unbesiegbarkeit und zeigte jenen ihre Grenzen auf. Der Weg für eine neue Nahostpolitik war nicht zuletzt durch die USA gegeben worden. Als Schutzmacht der Israelis hielt sie selbige zu einer flexibleren Haltung gegenüber den arabischen Staaten an, überzeugte aber ebenso die gemäßigten arabischen Staaten wie Ägypten und Jordanien von der Notwendigkeit der Anerkennung Israels.
Der Verlust israelischer Soldaten traumatisierte einen Teil der Israelis. Die jüdische Bevölkerung warf dem Mossad vor, dass dieser nicht eher vom geplanten Angriff wusste. Als Hauptverantwortliche galten jedoch Golda Meir und Mosche Dayan. Als 1974 eine gerichtliche Untersuchungskommission den Konflikt untersuchte, trat Golda Meir mit ihrem gesamten Kabinett zurück: "Das fürchterliche Wissen, dass ich diesen Krieg vielleicht hätte verhindern können, wird mich verfolgen, bis ich sterbe." Vier Jahre Später starb sie.
verfasst von Tom H.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 1999/2000