Professor Mamlock

Hitler wollte die Gleichschaltung aller Bereiche des öffentlichen Lebens durchsetzen. Dazu schrieb er in seinem Buch "Mein Kampf", die nationalsozialistische Weltanschauung sei "unduldsam... und fordert gebieterisch ihre eigene, ausschließliche und restlose Anerkennung sowie die vollkommene Umstellung des gesamten öffentlichen Lebens nach ihren Anschauungen". Das wurde nach 1933 auch in literarischer Hinsicht verwirklicht. Als erstes Zeichen dafür fand am 10. Mai eine öffentliche Verbrennung, inszeniert von Nationalsozialisten, durchgeführt von Studenten, zahlreicher Bücher statt. Kurz zuvor erschienen mehrere schwarze Listen in einer nationalsozialistischen Zeitung, bestehend aus einer Titelsammlung "verbrennungswürdiger" Literatur. Vernichtet wurden letztendlich jüdische und marxistische Schriften, darunter Werke bekannter Autoren wie Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud, Kurt Tucholsky und Arnold Zweig.
Einige Tage nach der Bücherverbrennung erschien im aktuellen Börsenblatt eine Liste mit 131 Schriftstellern, deren Texte sowohl aus Bibliotheken als auch aus Buchhandlungen verschwinden sollten. Diese Liste wurde ständig aktualisiert. Auch der jüdische Autor Alfred Döblin war in diesem Verzeichnis vermerkt.

Hinzu kam, dass jeder "Kulturschaffende" der Reichskulturkammer angehören musste. Wer aufgenommen wurde, galt als gleichgeschaltet und ihm wurde es gestattet seine Werke zu veröffentlichen. Viele Autoren wurden allerdings verboten. Ihnen blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder die innere Emigration oder das Exil. Unter innerer Emigration versteht man alle die Autoren, die während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland geblieben sind und die sich nicht auf die Seite der Nationalsozialisten schlugen. Exil hingegen bedeutet, dass die von Hitlers Verordnungen bedrohten Schriftsteller häufig ins Ausland flüchteten. Schätzungsweise entschieden sich ca. 1500 Künstler dazu.
Ab der Reichskristallnacht, am 9. November 1938, verschärfte sich die gesamte Situation noch einmal. Von nun an wurden auch bisher unbehelligt gebliebene Autoren, wie Günther Eich oder Peter Huchel, angegriffen.

Biographisches zu Friedrich Wolf

Am 23. Dezember 1888 wurde Friedrich Wolf als Sohn des jüdischen Kaufmanns Max Wolf und dessen Frau Ida in Neuwied am Rhein geboren.

Ab 1899 besuchte er das Königlich Preußische Gymnasium in seiner Geburtsstadt. 1907 besuchte Wolf für kurze Zeit die Kunstakademie in München, entschied sich aber dann für ein Medizinstudium an der Universität in Tübingen. Schon in diesen jungen Jahren ist er ständiger Mitarbeiter bei der "Jugend des Simplicissimus".

Ab 1912 arbeitete er als Assistenzarzt u.a. in Dresden, Meißen und Bonn. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Wolf als Truppenarzt an der Westfront stationiert, wo er seine ersten Werke, wie "Der Sprung durch den Tod" und "Mohammed" verfasste. 1920 wurde er Stadtarzt in Remscheid. Sieben Jahre später siedelte er nach Stuttgart um, wo er eine eigene Arztpraxis eröffnete.

Neben seiner Tätigkeit als Arzt entstanden immer wieder verschiedene literarische Werke von ihm. Wolf gründete 1931 den Spieltrupp Südwest, geht aber bereits zwei Jahre später über Österreich, die Schweiz und Frankreich, in das sowjetische Exil. Dort hatte er die Gelegenheit am Ersten Sowjetischen Schriftstellerkongress in Moskau teilzunehmen. Bereits ein Jahr danach wurde Wolf zum Schriftstellerkongress in New York eingeladen.

1939 bis1941 befand er sich in Haft im Konzentrationslager Le Vernet, aus dem er befreit wurde. Erst einige Zeit nach Kriegsende, 1948, siedelte er von der Sowjetunion nach Lehnitz bei Oranienburg über. Zu DDR-Zeiten war er schließlich Botschafter in Polen. Am 5. Oktober1953 starb Friedrich Wolf an einem Herzinfarkt in Lehnitz.
Während seines Lebens verfasste er sowohl mehrere Dramen als auch Prosa und zahlreiche Gedichte.

Friedrich Wolfs "Professor Mamlock"

Im sowjetischen Exil entstand 1933 Friedrich Wolfs "Professor Mamlock". Im seinem Werk beschreibt er die Arbeit und das Leben des jüdischen Arztes Hans Mamlock in vier Akten. Sie erstrecken sich über den Zeitraum vom Mai 1932 bis zum April 1933. Orte der Handlung sind die chirurgische Station sowie das Wohnzimmer von Professor Mamlock. Folgen soll nun eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Szenen des Stückes:

1. Akt
Beschrieben wird der Stationsalltag in der Klinik. Es wird offen über die vorherrschende politische Situation geredet. Jeder Anwesende vertritt offen seine Meinung. Schon bei diesem ersten Gespräch lassen sich Verschiedenheiten unter den einzelnen Ärzten, Schwestern und Pflegern erkennen. Dr. Hellpach und zum Teil auch Dr. Inge zeigen ihre positive Einstellung zum Nationalsozialismus, während Dr. Hirsch und der Chefredakteur des "Neuen Tagblatts", Dr. Seidel, der gerade Patient ist, sich gegen die Form der Herrschaft äußern.

2. Akt
Der nächste Akt spielt im Wohnzimmer des Hans Mamlock. Vorgestellt werden erst seine nichtjüdische Frau Ellen, sowie seine beiden Kinder Rolf und Ruth.
Die politische Situation spitzt sich langsam zu. Aus der Familie Mamlock nimmt nur Rolf die Situation richtig ernst. Er arbeitet im Untergrund und verfasst und verteilt verbotene Zeitungen, die sich gegen den Nationalismus wenden. Sein Vater stellt ihn vor die Entscheidung: Familie oder seine Arbeit, woraufhin Rolf das Elternhaus verlässt.
Schon kurze Zeit später muss auch Mamlock ersten nationalsozialistischen Verordnungen ins Auge blicken: Arbeitsverbot für alle Ärzte, Kommunisten, Pazifisten, Internationalisten und Juden. Hinzu kommt, dass Dr. Hellpach aus seinem Dienst getreten ist und nun als SS-Mann fungiert.

3. Akt
Hans Mamlock will trotz des Arbeitsverbotes für Juden in seiner Klinik weiterarbeiten, oder, wenn es nicht anders geht, zu Hause einen Operationssaal einrichten.
Auch Ruth erfährt in der Schule die Auswirkungen der nationalsozialistischen Veränderungen. Ihre Sachen wurden beschmiert und sie wurde beschimpft. Daraufhin geht Mamlock weg. Er kommt kurze Zeit später wieder mit einem Schild, das ihm umgehangen wurde: Jude. Erst langsam erholt er sich von dieser grauenhaften Erfahrung. Trotz allem will er seine Klinik nicht im Stich lassen, denn er fühlt sich für sie verpflichtet.

4. Akt
Der letzte Akt handelt, wie zu Beginn des Werkes, im Operationssaal von Mamlocks Klinik. Alle Mitarbeiter sind versammelt. Auch Hellpach tritt ein. Er erteilt dem Professor eine Arbeitserlaubnis, weil dieser im Krieg für Deutschland gekämpft hat. Allerdings stellt Hellpach die Frage: "Welcher der Kollegen, der sich als deutschstämmiger fühlt, kann es mit seinem nationalen Gewissen vereinbaren, unter Mamlock weiter zu arbeiten."
Es folgt nun eine Diskussion aller, ob Professor Mamlock weiter arbeiten darf und welcher Mitarbeiter eventuell noch entlassen wird...

Ausschnitt aus der Verfilmung von "Professor Mamlock", DEFA 1961, Regie Konrad Wolf

Entstehung und Auswirkungen der Tragödie zu NS-Zei

Friedrich Wolf schrieb 1933 auf der Flucht vor den Nazis sein Buch "Professor Mamlock". Im folgenden Artikel, vom 8. Januar 1946, äußert sich Wolf zu den Gründen, die ihn bewegt hatten, dieses Werk zu schreiben:

"Am frühen Morgen des 28. Februar 1933 stand mein Telefon nicht still. Es waren nicht meine Stuttgarter Patienten, die mich anriefen, sondern meine ärztlichen Kollegen. Sie ersuchten mich mit vor Entrüstung zitternder Stimme: 'Vergessen Sie bitte meine Telefonnummer, Herr Kollege! Ihre Freunde haben den Reichstag angezündet!' Ich erwiderte, dass wir doch längst vor einer Naziprovokation gewarnt hätten; ob sie wirklich diesen plumpen Nazischwindel glaubten? - 'Ein Schwindel? Es ist doch eine amtliche Meldung!' Damit legten sie den Hörer auf."

Weltpremiere hatte die Tragödie "Professor Mamlock" am 19. Januar 1934 in Warschau. Aufgeführt wurde sie damals im Jüdischen Theater in jiddischer Sprache unter dem Titel "Der Gelbe Fleck". Von dort aus ging das Werk u.a. über die Bühnen in Zürich, Oslo, Stockholm, Moskau, New York, London, Madrid, Toronto, Shanghai und Tokio. Verfilmt wurde es in Leningrad und mit großer Wirkung in allen Ländern, außer in Hitlerdeutschland, gezeigt.
Dort wurde das Werk als Bedrohung gesehen. In einer Ministerbesprechungen, geheim gehalten von Joseph Goebbels, wurde protokolliert:
Geheime Goebbels-Konferenz "Ministerbesprechung"
Vom 29. Januar 1940 / 11.00 Uhr
...
5. Der Film "Professor Mamlock" soll außer dem Führer niemand mehr gezeigt werden

...
Die Erstaufführung des "Professor Mamlock" auf deutschem Boden fand erst am 9. Januar 1946 im Berliner Hebbel Theater statt - über 12 Jahre nach dessen Entstehung.


verfasst von Arlett G.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2000/2001