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Vom Patriotismus deutscher Juden

Patriotismus - Patriot

Patriotismus ist ein anderes Wort für Vaterlandsliebe und bezeichnet ein starkes Gefühl für den eigenen Staat (z.B. seine Kultur).
Demzufolge ist ein Patriot ein Vaterlandsfreund, also jemand, der für sein Vaterland eintritt. Der Begriff Patriot (in dieser Bedeutung) stammt aus dem Griechischen.

Beispiel: Erster Weltkrieg

Ebenso wie Nichtjuden griffen auch viele Juden zur Zeit des Ersten Weltkriegs zu den Waffen und kämpften an jeder Front, die sich bildete, für ihr Vaterland. Hier ein kurzer Überblick:

beteiligte Nation dienende jüd. Soldaten gefallene jüd. Soldaten
Russland 650 000 100 000
USA 250 000 3 400
Frankreich 55 000 9 500
Großbritannien 50 000 8 600
Italien 6 000 500
Deutschland 100 000 12 000
Albert Lilienfeld
Albert Lilienfeld

Soldat für sein Land: Der deutsche Jude Albert Lilienfeld, der als Kriegsfreiwilliger an der russischen Front kämpfte. Das Foto wurde zurZeit des Pessach-Festes von 1917 aufgenommen, als die russische Revolution schon die Kämpfe an der Ostfront beendet hatte. Nach Hitlers Machtergreifung wanderte Lilienfeld mit seiner Familie nach Palästina aus.

Patriotismus deutscher Juden im Ersten Weltkrieg

Gleich zu Beginn des Kriegs riefen jüdische Vereinigungen in Deutschland ihre Mitglieder dazu auf, sich nach allen Kräften für ihr Vaterland einzusetzen. Freiwillige, die solchen Aufrufen folgten, gab es in großer Zahl. Insgesamt dienten während des Ersten Weltkriegs 100 000 Juden in den deutschen Streitkräften, von ihnen starben 12 000 auf den Schlachtfeldern und immerhin 31 000 deutsche Soldaten jüdischen Glaubens wurden auf Grund ihrer Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

Das patriotische Verhalten der Juden erscheint manchem vielleicht unverständlich, in Anbetracht der Anfeindungen, denen sie in ihrer Vergangenheit ausgesetzt waren. Deshalb soll an dieser Stelle ein Versuch der Erklärung folgen. Die Juden, welche sich in Deutschland angesiedelt hatten, erlebten es als ein fortschrittliches Land, sie wurden mit der deutschen Kultur vertraut und genossen die bürgerlichen Freiheiten. In ihrem Bewusstsein entwickelte sich so etwas wie Stolz und das Gefühl, Deutschland verpflichtet zu sein. Daher gingen viele deutsche Juden im Sinne des alten jüdischen Pflichtgebots mit ganzer Seele, ganzem Herzen und Vermögen im Dienste des Vaterlands in den Krieg.

Juden kämpfen gegen Antisemitismus

Die Mehrheit deutscher Juden war Mitglied im "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens". Sie sahen sich in der Nachfolge Moses Mendelssohns, in erster Linie als Deutsche, die der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörten, egal, ob sie gläubig waren oder nicht. Eine Haupttätigkeit des Centralvereins bestand in der Bekämpfung des Antisemitismus. Leider erwies sich diese als schwierig. Antisemitismus wurde zudem von den meisten deutschen Juden, wie auch von vielen Nichtjuden, nicht sehr ernst genommen.

Verhalten von Nichtjuden gegenüber Juden

...in Deutschland 1914 - 1918

Juden hatten sich in großer Zahl freiwillig zum Kriegsdienst auf deutscher Seite im Ersten Weltkrieg gemeldet und doch gab es auch antisemitische Politiker, die behaupteten, dass relativ zur jeweiligen Gesamteinwohnerzahl weniger Juden an der Front dienten als Nichtjuden. Um dies beweisen zu können, veranlasste das Kriegsministerium im Oktober 1916 eine sogenannte "Judenzählung". Das Ergebnis wurde jedoch nicht veröffentlicht, weil die Statistiken zeigten, dass die relative Anzahl der jüdischen Frontsoldaten nicht geringer war als die der nichtjüdischen. So gesehen stellten die deutschen Juden einen beachtlichen Teil der Armee und es ist daher wenig verwunderlich, dass Deutschland sich darum bemühte, der Gefolgschaft der Juden sicher zu sein. Dies geschah indem ihnen die Unterstützung bei der Gründung eines Heimatstaates in Palästina angeboten wurde. Verwirklichung fand das Vorhaben jedoch nicht. Die deutschen Juden zogen weiter für ihr Vaterland in den Krieg und Tausende fielen im Kampf. Ihre Witwen bekamen trotzdem keine Rente, weil nach 1815 jüdische Freiwillige keinen Anspruch auf staatliche Versorgung hatten.

So wird insgesamt deutlich, dass Nichtjuden der Vaterlandsliebe von jüdischen Patrioten nur wenig Anerkennung schenkten.

erstellt von Katharina G., 2003