Hofjuden
Im 16. und 17. Jahrhundert lebten die meisten deutschen Juden in kleinen Vorstädten oder auf dem Land. Sie arbeiteten als Viehhändler, Hausierer, Geldwechsler oder Pfandleiher. Daneben bildeten sich seit dem 30jährigen Krieg aber auch reiche jüdische Minderheiten heraus, die Hofjuden. In dieser Zeit wurde ein absolutistischer Staat mit prunkvoller Hofhaltung angestrebt. Zur Verwirklichung dieses Ideals wurde der Hofjude als Bankier, Finanzberater, Heeres- und Hoflieferant oder Diplomat bald unverzichtbar. Sie waren deshalb von den Einschränkungen ausgenommen, die für ihre einfachen Glaubensgenossen galten. Sie besaßen herrliche Wohnsitze, umgaben sich mit Pracht und Luxus und hatten Niederlassungsfreiheit.
Ihre Anwesenheit wurde auch oft zur Keimzelle einer neuen Judengemeinde. Die vielen Kontakte, die ein Hofjude besaß, wurden im Ernstfall auch genutzt, z.B. für die Gemeinde. Wenn einer von ihnen gestürzt wurde, konnte er eine gesamte Gemeinde mit ins Verderben reißen. Trotz ihres Einflusses blieben die Hofjuden „mächtige Sklaven“, deren Sicherheit von der Gunst der Fürsten abhing. Ohne diese Gunst waren sie der Feindschaft der Stände und der Bevölkerung ausgesetzt, da sie im Auftrag des Fürsten unbeliebte Maßnahmen durchsetzten.
Joseph Süß Oppenheimer, der bekannteste und berühmteste Hofjude, stieg zum unentbehrlichen Finanzmakler, Steuereintreiber und Lieferanten des württembergischen Herzogs Karl Alexander auf und unterstützte diesen in seinem Kampf um einen mächtigen Territorialstaat. Er kam zu Reichtum, galt als galanter Hofmann und besaß prachtvolle Häuser in Mannheim, Frankfurt und Stuttgart, der herzoglichen Residenz. Er setzte, als geheimer Finanzrat, seine neue Fiskalpolitik durch, die den Grundbesitzern und Kaufleuten ihre alten Vorrechte nahm und einen modernen merkantilistischen Zentralstaat schaffen sollte. Als Karl Alexander starb, wurde er zur Zielscheibe für den Hass der Bevölkerung. Ihm wurde sein zügelloses Leben und seine unpopuläre Politik zur Last gelegt. Er wurde des Hochverrats bezichtigt und zum Tod am Galgen verurteilt.
Joseph Süß-Oppenheimer
1. Zur historischen Person
Joseph Süß-Oppenheimer, genannt Jud Süß, wurde 1692 oder 1698/99 in Heidelberg als Sohn des Süßkind Oppenheimer aus dessen zweiter Ehe mit Michele Chasan, die noch einen weiteren Sohn und eine Tochter mit ihm hatte, geboren. Die Familie Oppenheimer war damals unter den Juden sehr angesehen und stammte aus der Stadt Oppenheim. Süß war Geschäftsmann und erwarb ein großes Vermögen, er war seit 1733 "Hofjude" des Herzogs Karl Alexander in Württemberg, der ihn zum Geheimrat ernannte. Er erschloss dem Herzog, der von der Steuerbewilligung durch die Stände unabhängig werden wollte, neue Geldquellen, indem er Monopole, Ämterhandel und Münzverschlechterung einführte. Doch nach dem Tod des Herzogs wurde er in einem von der Beamtenschaft und Landständen betriebenen anfechtbaren Verfahren zum Tode verurteilt und am 4.2. 1738 hingerichtet. Vor seinem Tode legte er ein standhaftes Bekenntnis für seine Zugehörigkeit zur jüdischen Religion ab.
2. Bearbeitung durch Lion Feuchtwanger
Lion Feuchtwanger wurde am 7.7.1884 in München geboren. Er stammte aus dem jüdischen, noch orthodox geprägten, Großbürgertum Münchens und gewann zunächst als Theaterkritiker Erfolg. Feuchtwanger war einer der ersten deutschen Autoren, die vor patriotischer Hysterie warnten - in Essays und Bearbeitungen von Dramen der Weltliteratur wie "Die Perser" (1917) und "Friede. Ein burleskes Spiel". Seit der Umsiedlung in die Metropole Berlin zählte Feuchtwanger zu den Repräsentanten fortschrittlicher Literatur in der Weimarer Republik. Seine Stoffe wählte er aus der Gegenwart und aus dem 18. Jahrhundert, der Epoche von bürgerlicher Aufklärung und Revolution, aus der Antike und aus der Geschichte der Judenheit. Gerade die Juden als das "Volk des Buches" sind zu Sachverwaltern des "Geistes" berufen. Mit dem Welterfolg des Romans "Jud Süß" (1925), einer Bearbeitung seines früheren Jud Süß-Dramas (1918), fand er für sich den Typus des "historischen Romans". In ihm beschreibt er das Schicksal des Hoflieferanten Süß-Oppenheimer, seinen steilen Aufstieg im Württemberg des 18. Jahrhundert und seinen Sturz. Hiermit entdeckte er das Modell für das Dasein eines jüdischen Staatsmannes, den eine Gier nach Anerkennung und Erfolg auszeichnet, das er ursprünglich in einem Roman um Walther Rathenau schildern wollte. Später widmete sich der prominente Feuchtwanger dem Kampf gegen den Nationalsozialismus und war Mitherausgeber der Moskauer Exilzeitschrift "Das Wort".
3. Bearbeitung durch Wilhelm Hauff
Der vielseitige Erzähler Wilhelm Hauff wurde am 29. November 1802 in Stuttgart geboren. Er studierte zunächst Theologie und Philosophie in Tübingen, arbeitete dann als Hauslehrer und schließlich als Redakteur von Cottas Morgenblatt. Seinen größten literarischen Erfolg erzielte Hauff mit dem Buch Lichtenstein (1826), mit dem er den historischen Roman in Deutschland begründete. Wirklich bekannt aber wurde er durch seine Märchen, die in drei Almanachen 1826, 1827 und 1828 erschienen, und durch seine Lieder, die sich zu Volksliedern entwickelten. Im Jahr der Eheschließung mit seiner Cousine Louise Hauff veröffentlichte er die Novelle "Jud Süß". In seinen Erzählungen verbindet er romantisch-phantastische Elemente mit realistischen und zeitkritischen sowie satirischen Zügen. Es ging ihm allerdings nicht nur darum, seine Zeit kritisch zu beleuchten, sondern er wollte seine Leser auch unterhalten. Der Dichter starb - erst 24-jährig - am 18. November 1827 in seiner Heimatstadt.
verfasst von: Stefan F.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 1999/2000