Pestjahre und Pogrome

Die Pest
Die Pest wütete von 1347 bis 1353 in Europa und brachte einem Drittel der europäischen Bevölkerung den Tod.

Die Judenpogrome während der Pestepidemien in Europa

Die Pest und ihre Verbreitung
Die Welle der Judenverfolgung im Mittelalter begann mit dem Ausbruch der Pest, die von 1347 bis 1353 in Europa wütete und etwa fünfundzwanzig Millionen Europäern, also einem Drittel der europäischen Bevölkerung, den Tod brachte. Die Krankheit brach 1330 in Zentralasien aus und gelangte über Land- und Wasserhandelswege nach Europa.
Mit Hilfe der modernen Wissenschaft wurde belegt, dass die Krankheit durch zahlreiche Floharten, wie zum Beispiel den Rattenfloh, übertragen wurde. Weil es aufgrund der fehlenden Hygiene in den mittelalterlichen Städten von Ratten nur so wimmelte, konnte sich die Krankheit rasch ausbreiten.

Da dieses Wissen zur Zeit der Pestepidemien jedoch noch nicht vorhanden war, mussten andere Ursachen für die Verbreitung der Krankheit gefunden werden. Somit beschuldigte man die Juden der Brunnenvergiftung und machte sie für den Ausbruch der Seuche verantwortlich.

Ausbreitung der Pest in Europa zwischen 1347 und 1351, Roger_Zenner / CC BY-SA 2.0 DE

Der Jude als Sündenbock
Nachdem die Juden schon 1321 grundlos der Brunnenvergiftung beschuldigt wurden, brachte man diesen Verdacht später auch mit der Pest in Verbindung. Den Juden wurde daraufhin vorgehalten, dass sie Gift in Brunnen und Quellen träufeln und sich die Krankheit dadurch in der Bevölkerung verbreitete.

Vertreibung
Vertreibung Juden werden aus einer deutschen Stadt vertrieben, um 1428 (Lange S. 51)

Der Beweggrund für diesen Vorwurf war die Tatsache, dass gegen die jüdische Bevölkerung grundsätzlich Misstrauen und Abneigung bestand und ihnen die schlimmsten Straftaten, wie zum Beispiel Hostienfrevel und Ritualmorde, vorgeworfen wurden. Verdächtig schien auch, dass manche jüdische Familien durch ihre religiösen Ernährungs- und Hygienevorschriften später mit der Seuche infiziert wurden, als der Rest der Stadtbevölkerung. Die Juden wurden zu Sündenböcken gemacht.

Der erste konkrete Fall einer Anklage fand 1348 in Savoyen (Frankreich) statt. Dort wurden einige Juden mit dem Vorwurf der Brunnenvergiftung angeklagt und gestanden später unter Folter ihre Schuld. Diese Geständnisse verbreiteten sich rasch in ganz in Europa, wodurch eine Flut der Judenpogrome vor allem im Elsass, in der Schweiz und in Deutschland ausgelöst wurde. So musste die Mehrheit der jüdischen Gemeinden unter Verfolgung, Vertreibung, Zwangstaufe, Folter und Ermordung leiden.

Der Autoritätsverlust der kirchlichen und weltlichen Mächte
Gegen die Seuche waren sowohl Staat als auch Kirche hilflos, denn mit ihren Gesetzen und Geboten konnten auch sie den Pestepidemien nicht entgegentreten. Somit verloren sie rapide an Autorität. Darunter hatten besonders die Juden zu leiden, denn durch die Autoritätsverluste konnten auch die politischen und geistlichen Herrscher die Judenverfolgungen nicht mehr kontrollieren und unterbinden. Infolgedessen waren sie gegen den immer größer werdenden Judenhass in der Bevölkerung, die Habgier und die allgemeinen katastrophalen Zustände während der Pestepidemien hilflos.

Trotzdem gab es einzelne Personen, die sich für die jüdische Bevölkerung und ihre Unschuld stark machten. So stellte Papst Klemens VI. die Anschuldigung der Brunnenvergiftung in Frage, da auch in Gebieten, wo keinerlei Juden lebten, die Pest ausbrach und zudem die jüdische Bevölkerung nicht von der Seuche verschont blieb. Deshalb forderte er das Unterlassen der Judenverfolgungen und -ermordung, ohne ein vorangegangenes Gerichtsverfahren, das die Schuld der Juden eindeutig belegt. Andererseits nutzte jedoch der Großteil der Herrscher die jüdische Bevölkerung als Sündenbock, um von ihrer eigenen Machtlosigkeit gegenüber den katastrophalen Zuständen während der Pestepidemien abzulenken. Oftmals hetzten sie sogar die Stadtbevölkerungen gegen die Juden, schürten so den Judenhass und gaben den Anstoß für die Pogrome.

Die Folgen der Pogrome
Durch die Beschuldigung der Brunnenvergiftung wurden Teile oder ganze jüdische Gemeinden vertrieben oder ausgerottet. Obwohl die Pest in der Stadt noch nicht ausgebrochen war, wurden 1349 in Straßburg etwa 50 Prozent der dort lebenden Juden umgebracht. Um der Folter und Ermordung zu entgehen, brachten sich einige jüdische Gemeinden selbst um. Auf diese Weise beging die damalig größte jüdische Gemeinde aus Mainz Selbstmord, indem sie ihre eigenen Häuser anzündeten.

Aufgrund der Judenpogrome während der Pestepidemien im Mittelalter waren nach dem Ende der Seuche die jüdischen Gemeinden stark dezimiert.

verfasst von: Josefin B.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2008/09