Kleiderordnung
Wirtschaftliche Blütezeit im Frühmittelalter
Vom Beginn des Mittelalters bis zum 10. Jahrhundert gewannen jüdische Kaufleute und Händler rasch an wirtschaftlicher Bedeutung, besonders im Außenhandel. Sie lebten als „Schutzbefohlene“ der Landesherren mit umfassenden Privilegien und Sonderrechten ausgestattet, so dass sie zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der europäischen Städte entscheidend beitrugen. In den deutschen Städten Speyer, Worms, Straßburg und Mainz bildeten sich bedeutende jüdische Gemeinden, die in abgegrenzten Stadtvierteln („Aschkenas“) mit eigener Gerichtsbarkeit unter ihrem Rabbiner und Handelsfreiheit lebten.
Ausgrenzung und Verfolgung im Spätmittelalter
Die jüdische Blütezeit nahm jedoch Ende des 11. Jahrhunderts mit den Kreuzzügen stark ab. Als Sündenbock für den Tod Christi, die Verbreitung der Pest im 14. Jahrhundert durch Brunnenvergiftung und die Hostienschändung dargestellt, verbreitete sich der Judenhass in der europäischen Bevölkerung. Pogrome und Verfolgung zeichneten das jüdische Leben. Sie durften fortan nur noch bestimmte Berufe ausüben, so dass die Juden sich dem Geldleihgeschäft widmeten.
Festlegung der Kleiderordnung
1215 wurden den jüdischen Unternehmern Wucher unterstellt und infolgedessen ein Laterankonzil einberufen, auf dem Papst Innozenz Ⅲ. eine Kennzeichnungspflicht für Andersgläubige und eine diskriminierende Kleiderordnung für Juden festlegte, deren Verletzung hohe Bußgeldstrafen nach sich zog.
„Juden und Sarazenen beiderlei Geschlechts [müssen sich] in jedem christlichen Land und zu jeder Zeit durch ihre Kleidung öffentlich […] von den anderen Leuten unterscheiden.“
Bereits im 12. Jahrhundert begann sich der „Judenhut“, ein gelber Spitzhut, durchzusetzen, der bis ins 16. Jahrhundert üblich war. Mit der Farbe Gelb verband man sehr negative Assoziationen, sie stand für Sünden wie Geiz, Neid und Hochmut. Als Vorläufer für den Judenstern im Nationalsozialismus gilt der „Judenring“, ein auf Brusthöhe sichtbar angebrachtes, gelbes Stoffstück in Kreis- oder Ringform, mit dem sich die Juden ab dem 13. Jahrhundert verpflichtend kennzeichnen mussten.
Die Kleiderordnungen unterschieden sich in einigen Feinheiten von Stadt zu Stadt, doch besonders unter dem Druck der Kirche setzte sich eine absondernde, kennzeichnende Kleidungsmode („Judentracht“) in ganz Europa durch.
Auf der Bamberger Synode am 30. April 1451 heißt es:
„Fortan sollen alle Juden der genannten Kirchenprovinz auf ihrem Gewande oder Mantel vorn auf der Brust einen Ring tragen, der mindestens den Durchmesser eines menschlichen Fingers besitzt und aus safranfarbigen Fäden besteht; die Jüdinnen aber sollen gehalten sein, zwei blaue Streifen deutlich sichtbar auf ihrem Schleier zu tragen. Außerdem aber sollen erstere dem häßlichen Zinsgeschäft mit Christen entsagen. Tun sie dies, soll man sie ruhig dulden, tun sie dagegen dies nicht, so soll die Pfarrei, welche solche Juden und Jüdinnen duldet, dem kirchlichen Interdikte verfallen.“
Auszug der Kölner Judenverordnung vom 4. Juli 1404:
Juden und Jüdinnen, jung und alt, die in Köln wohnen und als Fremde hereinkommen, sollen solche Kleidung tragen, daß man sie als Juden erkennen kann:Sie sollen an ihren Überröcken und Röcken Ärmel tragen, die nicht weiter als eine halbe Elle sind.Die Kragen an den Röcken und Überwürfen dürfen nicht mehr als einen Finger breit sein.Pelzwerk darf an den oberen und unteren Enden der Kleider nicht zu sehen sein.[…]
8. Die Kapuzen eines jeden Mannes über 13 Jahre müssen mindestens eine Elle lang sein, die Schulter anderthalb Ellen lang und nicht breiter als ein halbes Viertel. […]
10. Oberhalb des Ohrläppchens dürfen sie sich nicht scheren lassen, es sei denn, es ließe sich einer den Kopf kahl scheren. […]
13. An Werktagen dürfen jüdische Frauen Ringe von höchstens drei Gulden Wert tragen, und zwar an jeder Hand nur einen. […]
15. An ihren Feiertagen dürfen sie Gürtel bis zum Wert von zwei Mark Silber tragen und ebenso dürfen dann die Frauen zwei Ringe bis zu sechs Gulden Wert haben.
Unter dem Einfluss der Aufklärung wurde die Kleiderordnung und somit der „Judenring“ 1728 wieder abgeschafft.
gestaltet von Emely Frances L.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2020/2021