Landnahme, Zeit der Richter, Saul

Die Landnahme

Das Land Kanaan
Das Land Kanaan Ben Pirard, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons (Änderungen wurden vorgenommen)

In den 40 Jahren der Wanderung durch die Wüste Sinai, nach dem sogenannten Exodus, wurden die Israeliten zu einer Nation zusammengeschweißt. In der Wüste erhielten sie die 10 Gebote, welche dem monotheistischen Glauben der Israeliten Form und Inhalt verlieh. Der Auszug aus Ägypten wurde außerdem ein Symbol der Befreiung und die Feste Pessach, Schawuot und Sukkot gedenken diesem.

In den folgenden Jahrhunderten eroberten die Israeliten unter Josua, dem Sohn Moses, den größten Teil des Landes Kanaan und richteten sich dort gemäß der Verheißung Gottes an Abraham mit 12 Stämmen ein. Dabei gaben sie die nomadische Lebensweise auf, ließen sich als Bauern und Handwerker nieder und konnten sich so wirtschaftlich und sozial festigen. Die Ansiedlung der israelitischen Volksstämme in Palästina wird heute für die Zeit ab etwa 1250 v.Chr. datiert, wobei die Einnahme der kanaanitischen Stadtstaaten wahrscheinlich erst 1100 v.Chr. erfolgte.

Das älteste Dokument mit dem Namen „Israel“ ist die Inschrift der Merenptah-Stele, welche aus 1208 v.Chr. stammt. Sie steht jetzt im Ägyptischen Museum in Kairo.

Die Richterzeit

Die Merenptah Stele in Kairo
Die Merenptah Stele in Kairo Webscribe, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Der Überlieferung nach hat Gott jedem Stamm ein Gebiet zugeordnet. In dieser sogenannten Richterzeit begannen die Israeliten als Volk und Staat in Gestalt eines 12-Stämmeverbandes zu leben.

Friedliche Zeiten wurden in Israel immer wieder von Kriegen unterbrochen, in denen sich das israelitische Volk um Führer, die sogenannten Richter, geschart hat. Diese Richter galten als sehr charismatisch und von Gottes Geist erfüllt, weswegen sie zu Lösung politischer Probleme oder Abwendung militärischer Bedrohungen berufen wurden. Die Richter riefen bei einem solchen Fall den gesamten Heerbann zusammen und vertrieben den Feind mit Gottes Hilfe. War die Gefahr vorbei, gingen alle Kämpfer unmittelbar wieder nach Hause.

In Israel gab es keine zentrale Führungsinstanz, jedoch sprachen die Richter Recht. Die lose Stammesorganisation der Israeliten zeigte Schwächen gegen die Philister, mit welchen sie immer wieder in Kämpfe verwickelt waren. Es kam der Wunsch nach einem Herrscher auf, der die Stämme vereinigen sollte. Die alte Ordnung konnte auch der letzte Richter Samuel nicht aufrechterhalten und so kam es zum Königtum Sauls.

Über die Zeit der Richter gibt es in der Geschichtswissenschaft verschiedene Hypothesen, da es nicht ausreichend Quellen von damals gibt, und sich so eine Rekonstruktion dieser Zeit als schwierig erweist.

Amphiktyoniehypothese Neue Hypothesen
Diese Hypothese nach M. Noth diente zur Rekonstruktion der Zeit zwischen 1200 bis 1000 v.Chr. Demnach existierte bereits zu dieser Zeit ein aus 6 bis 12 Stämmen bestehendes Israel mit einem zentralem Lade-Heiligtum, an dem sie zu Festen und anderen Volksversammlungen zusammenkamen. Dieses Israel soll auch schon ein einheitliches Recht gehabt haben, das die kleinen Richter pflegten. Die großen Richter hatten eher militärische Aufgaben.

Dieses Modell wird jedoch heutzutage nicht mehr als tragfähig angesehen, da man mittlerweile weiß, dass es mehr als einen Kultort gab und das System der 12 Stämme wahrscheinlich eine spätere Konstruktion der Autoren war.
Nach anderen Hypothesen siedelten in der frühen Eisenzeit eine Vielzahl von stammesähnlich aufgebauten Gesellschaften in Kanaan, welche langsam eine ethnische und religiöse Zusammengehörigkeit entwickelten. Der Zusammenhalt wurde unter anderem meist durch fiktive Familienzusammenhänge erzeugt. Diese Gesellschaften hatten keine zentrale Leitungsinstanz, sondern Älteste regelten die Angelegenheiten. Bei militärischen Aktionen unterstützten sich die Stämme untereinander und einige „Richter“ konnten zwischenzeitlich ihren Einfluss ausbauen, wodurch sie möglicherweise den Zusammenhalt des gesamten Systems sicherten.

Die Grundprobleme dieser Auffassung sind, dass nicht geklärt wird, wie der Einheitsgedanke Israels zustande kam und wie sich der aus Süden kommende Gott JHWH durchsetzen konnte.

König Saul

Saul wird wie ein König empfangen

Die beiden [(Saul und ein Knecht)] gingen weiter zur Stadt hinauf. Als sie durchs Tor traten, wollte Samuel gerade die Stadt verlassen und zur Opferstätte hinaufgehen. Der Herr hatte ihn am Tag vorher auf die Begegnung mit Saul vorbereitet und zu ihm gesagt: ‚Morgen um diese Zeit werde ich einen Mann aus dem Stamm Benjamin zu dir senden. Den sollst du zum Anführer meines Volkes Israel salben. Er soll es von der Herrschaft der Philister befreien. Ich habe den Hilferuf der Israeliten gehört und will ihnen helfen. ' Als nun Samuel Saul erblickte, sagte der Herr zu ihm: ‚Das ist der Mann, von dem ich gesprochen habe. Er soll mein Volk regieren. '

Samuel 9, 14-17; nach "Die Gute Nachricht"

Fünfstädtebund der Philister
Fünfstädtebund der Philister Ekuah, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Der erste Herrscher Israels, König Saul, markiert den Übergang von einer losen Stammesorganisation zu einer uneingeschränkten Monarchie. Die Entstehung des Königtums Sauls folgte aus dem Streben der israelitischen Gemeinschaft nach einem alleinigen Herrscher. Gründe dafür werden bereits in biblischen Berichten genannt: So hatten sich zu Beginn des 12. Jahrhunderts nach der ägyptischen Vorherrschaft die Philister in der südlichen Küstenebene festgesetzt, die ihre wirtschaftliche und militärische Macht ihres 5-Stämmebundes (mit Gat, Gaza, Aschkelon, Aschdod und Ekron) stetig ausbauten. Gegen diese Gefahr mussten sich die stark verstreuten Stämme stetig wehren. Deswegen wurde König Saul als Führer einer vergleichsweise kleinen Widerstandsgruppe gegen die Philister berufen, wobei seine Herrschaft kaum über Mittelpalästina reichte. Zudem war das Königtum nicht auf eine zentrale Organisation gestützt, sondern glich eher einer Weiterentwicklung des charismatischen Führertums der Richterzeit. Historiker vermuten bei Saul eine eher kurze Regierungszeit von nur wenigen Jahren. Das Königtum ging nach ihm an seinen Schwiegersohn David über.

Rembrandt van Rijn, David spielt Harfe vor Saul, ca. 1650, Öl auf Leinwand (Wikimedia Commons)


gestaltet von Jakob M.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2020/2021