Felix Nussbaum

„Wenn ich untergehe, lasst meine Bilder nicht sterben. Stellt sie aus !“

Biographie

Selbstporträt mit dem jüdischen Reisepass, etwa 1940 / Felix Nussbaum / Public domain
  • 1904 Felix Nussbaum wird am 11. Dezember als zweiter Sohn des jüdischen Eisenwarenhändlers Philipp Nussbaum und dessen jüdischer Ehefrau Rahel in Osnabrück geboren.
  • 1910-1922 Besuch einer jüdischen Elementarschule und des Osnabrückers Realgymnasiums (verlässt ohne Abitur das Gymnasium)
  • 1922-1923 Malerei- und Graphikstudium an der Kunstgewerbeschule in Hamburg.
  • 1923-1930 Fortsetzen seines Studiums an der Vereinigten Staatsschule der Kunstakademie und an der Lewin-Funke-Schule in Berlin.
  • 1928-1930 Nussbaum ist Meisterschüler in Berlin.
  • 1930-1932 Nussbaum ist freier Künstler in Berlin. Seine Arbeiten (z.B. „Der tolle Platz“) zeigen meist heitere Straßenszenen.
  • 1932-1933 Arbeit als Stipendiat der Preußischen Akademie der Künste Berlin in der Villa Massimo in Rom, er gestaltet Titelblätter für die Zeitschrift „Querschnitt“. Mit ihm studiert Arno Breker, der später von der NSDAP gefördert wird und zu einem der führenden Künstler des NS-Regimes aufsteigt. Durch einen Brand in Nussbaums Studio in Berlin werden etwa 150 seiner Arbeiten vernichtet.
  • 1933 Nussbaum verliert nach einer Auseinandersetzung mit einem Künstlerkollegen sein Stipendium und verlässt die Villa Massimo.
  • 1933-1935 Aufenthalt mit seinen Eltern in Italien.
  • 1935 Nussbaum emigriert mit Freunden über Paris nach Belgien. Seine Eltern kehren nach Deutschland zurück.
  • 1935-1940 Arbeit als freier Künstler, Handwerker, Glasmaler und Illustrator. Gemeinsam mit anderen Künstlern zeigt er seine Werke im Museum Fort Napoleon in Belgien.
  • 1937 Heirat mit der polnischen Malerin jüdischen Glaubens Felka Platek.
  • 1937-1938 Ausstellungen seiner Werke in Amsterdam und Paris.
  • 1939 kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges emigrieren seine Eltern nach Holland.
  • 1940 Mai: Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Belgien wird Nussbaum verhaftet und als „unerwünschter Ausländer“ festgesetzt. Internierung im Lager Saint-Cyprien (Pyrenäen). August: Nussbaum gelingt die Flucht. Dezember: Nussbaum lässt sich in das Judenregister der Stadt Brüssel eintragen.
  • 1942-1944 Nussbaum lebt versteckt mit seiner Frau im Hause eines befreundeten Kunsthändlers in Brüssel. Da der Terpentingeruch den Maler verraten könnte, arbeitet Nussbaum in einer Ausweichwohnung. Er malt sein „Selbstbildnis mit Judenpass“. Ein Teil seiner Werke wird in Amsterdam zerstört.
  • 1944 Nussbaum und seine Frau werden von der Wehrmacht verhaftet und in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt. Er und seine Eltern werden in Auschwitz ermordet. Seine Frau wird wahrscheinlich ebenfalls in Auschwitz umgebracht.
Im Dachgeschoss der 1922 von Rahel und Philipp Nussbaum erbauten Nussbaum-Villa in Osnabrück befand sich das Atelier des jungen Felix Nussbaum

Nachweislich hat der Vater, Philipp Nussbaum, lange Zeit den jungen Künstler beeinflusst. Er war ein geschickter Freizeitmaler und fuhr oft mit seinem Sohn in die Natur, wo sie zusammen malten.
Wie kein anderer Künstler hat der Maler Felix Nussbaum alle Erlebnisse und Erfahrungen der Jahrzehnte nach dem Ersten Weltkrieg in seinen Bildern festgehalten und als Teil seiner eigenen Situationen reflektiert, in die der Maler als Jude durch die rassistische Ideologie des nationalsozialistischen Deutschlands hineingestoßen wurde.

Foto: MrsMyer / CC BY-SA

Seine Bilder sind geprägt:
von der beschaulichen Geborgenheit der Provinz,
vom schnellen Erfolg in der Kunstmetropole Berlin,
von der Bedrohung und Orientierungslosigkeit in der Emigration,
von Kriegsdrohung und vom Bombenkrieg,
von der Angst im Internierungslager, der Isolation im Untergrund und im Versteck
und vom Leid und der Vernichtung der Juden in Europa durch das NS-Regime.

Kein Betroffener hat den Holocaust der Juden in Europa so künstlerisch dokumentiert wie Felix Nussbaum. Für Nussbaum wurde in seiner aussichtslosen Situation Malerei zur Widerstandshandlung, da sie ihm seine menschliche Würde erhielt und ihm lange Zeit die Kraft zum Überleben gab. Er wurde „Protokollant“ dieser Zeit und wurde gleichzeitig ihr Opfer.

Das wohl bekannteste Kunstwerk wurde von Felix Nussbaum im Jahre 1943 gemalt. Es trägt den Titel „Selbstbildnis mit Judenpass“. Dieses Bild wurde mit Ölfarbe gezeichnet und ist 56 cm hoch und 49 cm breit.
Das Bild spiegelt die Situationen der Judenverfolgung und die Angst vor Rassismus wider. Es ist ein Selbstbildnis Nussbaums mit Davidstern und Judenpass.

Weitere Werke Nussbaums sind:

  • „Meine Mutter“ , 1926
  • „Süsterstraße Osnabrück“ , 1927
  • „Erinnerungen an Norderney“ , 1929
  • „Felix Nussbaum, Selbstbildnis“ (Kohlezeichnung) , um 1936
  • „Einsamkeit“ , 1942
  • „Gefangene in Saint-Cyprien“ , 1942
  • „Die Verdammten“ , 1943/44
  • „Die Gerippe spielen zum Tanz auf“ , 1944.

Das Felix-Nussbaum-Haus

Felix-Nussbaum-Haus
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Die Anfänge der „Sammlung Felix Nussbaum“ in Osnabrück gehen auf das Jahr 1970 zurück. Zu verdanken ist ihre Entstehung dem großen Engagement Augustes Moses-Nussbaum. Die Cousine Felix Nussbaums setzte sich dafür ein, dass der Verbleib seiner Werke ermittelt, ihre Herausgabe an die rechtmäßigen Besitzer juristisch durchgesetzt wurde und der über 100 Bilder umfassende Nachlass nach Osnabrück, der Geburtsstadt Nussbaums, kam.
Dank der intensiven Bemühungen der Stadt Osnabrück wuchs die Sammlung in den folgenden Jahren auf mehr als 160 Bilder.

Triumph des Todes (Die Gerippe spielen zum Tanz), 1944; gilt als Nussbaums letztes Gemälde und künstlerisches Testament, ca. 1941 / Public domain

Gebaut wurde das Nussbaum-Haus nach den äußerst umstrittenen Entwürfen des 1946 geborenen Daniel Libeskind. Der zu den renommiertesten Architekten der Welt zählende US-Bürger hatte den Gestaltungswettbewerb gegen 300 Mitbewerber gewonnen.
Konzeptionelle Leitlinie der Dauerausstellung ist die chronologische Folge, in der die Bilder Nussbaums entstanden sind. Die deutliche inhaltliche Verbindung zwischen den Lebens- und Schaffensphasen des Malers erlaubt aber auch eine thematische Untergliederung.

Den einzelnen Architekturelementen des Felix-Nussbaum-Hauses, die sich auf Lebensstationen des Malers beziehen, werden entsprechende Themenräume zugeordnet. Bilder und Architektur treten zusammen. Die Atmosphäre allgegenwärtiger Unsicherheit vermittelt das Gebäude auf Anhieb. Nussbaum-Haus, Nussbaum-Gang und „Die Brücke“ bieten dem Besucher nicht das gewohnt museale Umfeld zur Betrachtung von Bildern und Grafiken. Im Gegenteil – leicht ansteigende oder abfallende Fußböden, nicht parallel verlaufende Wände, Fenster ohne rechten Winkel oder teilweise transparente Geschossdecken sorgen für ständige Irritation.

Auch die äußere Gestaltung des Gebäudekomplexes setzt Zeichen. Die verwendeten Materialien Holz, Beton und Zink stehen mit ihrer zunehmenden Kälte für Nussbaums Lebensweg: von der behüteten Jugend über die Zeit der Vertreibung und Bedrohung bis zum gewaltsamen Tod in Auschwitz. Doch, so musste sich Libeskind gegen die Kritik verteidigen, das antiklassizistische Gebäude werde die in ihm ausgestellten Bilder übertrumpfen und zweitrangig machen. Der Architekt spielt die Bedeutung der „begehbaren Skulptur“ keineswegs herunter. „Das Haus ist nicht allein Testament eines unbeschreiblichen Schicksals. In ihm entsteht ein wichtiger Ort für die Begegnung von Zukunft und Vergangenheit“, sagte Libeskind.

Seit März 1999 ist im „Felix-Nussbaum-Haus“ die vollständige Sammlung Felix Nussbaums zu bewundern, gemäß seinem Wunsch: „Auch wenn ich untergehe, lasst meine Bilder nicht sterben, zeigt sie den Menschen.“


verfasst von Juliane M.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2001/2002

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