Schüleraustausch
Junge Israelis mögen sächsische Kartoffelsuppe
Stipendiaten-Projekt der Johannes Rau-Stiftung führt Jugendliche aus Israel nach Döbeln / Lernen im Gymnasium, wohnen bei Gastfamilien
Zwei Jugendliche aus Israel waren für eine Woche in Döbeln zu Gast. Noa (16) und Matan (18) besuchten das Lessing-Gymnasium und übernachteten bei den beiden Gastgeberfamilien der Zwölftklässlerinnen Josephine Katzer (18) aus Döbeln und Lisa Werner (17) aus Zschaitz.
"Wir haben an der Schule schon seit einiger Zeit den Wahlkurs jüdische Geschichte und Kultur, der auch dieses Schuljahr wieder gut besucht ist. Da sind wir immer offen für neue Ideen und Angebote und so bewarben wir uns für ein Stipendiaten-Projekt der Johannes Rau-Stiftung", beschreibt Schulleiter Michael Höhme das Zustandekommen israelischen Besuchs. Die Bewerbung des Gymnasiums und der beiden Schülerinnen Josephine und Lisa waren offensichtlich gut. Von insgesamt 20 jungen Israelis, die für zwei Wochen nach Deutschland gekommen sind, wurden zwei dem Freistaat Sachsen zugeteilt. Und beide - Noa, ebenfalls zwölfte Klasse und Matan, derzeit in einem sozialen Jahr - landeten in Döbeln.
Besuch beim Döbelner Oberbürgermeister und im Stadtmuseum
Josephine und Lisa nahmen Ende August zunächst an einem dreitägigen Vorbereitungsseminar in Bonn teil. Vor einer Woche konnten sie dann ihre Gäste aus Israel begrüßen. "Wir haben viel miteinander unternommen. Neben dem Schulbesuch waren wir Bowlen, beim Kickboxen, haben uns Sehenswürdigkeiten in Dresden angeschaut oder mit dem Fahrrad die Döbelner Landschaft erkundet", berichtet Lisa. Die Jugendlichen verständigen sich Englisch. Das Zusammenleben in den Gastfamilien sei herzlich und unkompliziert. "Wir waren auch Pilze sammeln und haben sie dann zusammen gegessen", sagt Josephine. "Das deutsche Essen ist top. Das Bier auch", schwärmt Matan, lacht und zeigt mit dem Daumen nach oben. Kein Wunder, dass in den Gastfamilien schon sächsische Kartoffelsuppe sowie Klöße, Rinderbraten und Rotkraut auf dem Speiseplan standen.
Im Gymnasium lernten die Gäste bei einer Probe auch die Abi-Band und den Musikschulchor kennen. Noa stellte unter Beweis, dass sie ein Mathe-Ass ist. "An einer Aufgabe im Grundkurs haben wir über eine halbe Stunde gesessen. Doch Noa war schon nach zehn Minuten fertig, ohne Rechner", sagt Josephine.
Diese Woche sind die Vier mit den anderen 18 Israelis und deren Gastgebern in Berlin zusammen, wo ein kompaktes Programm wartet. Geplant sind ein Besuch des Bundespräsidenten und des Jüdischen Museums sowie verschiedene Workshops. Danach fliegen die Gäste wieder zurück in ihre Heimat. Josephine war selbst schon mal in Israel und wollte deshalb gern Gastgeber sein. Lisa findet solche Austausch-Projekte gut, auch weil sie dabei so viel Englisch sprechen kann.
Döbelner Allgemeine Zeitung
Olaf Büchel
05.10.2015
„Deutschland ist ruhig und pink“
Nach knapp einer Woche Aufenthalt in Deutschland hat Matan sein Urteil gefällt. „Hier ist alles ruhig und pink“, sagt der 18-Jährige auf Englisch und lacht. Von seiner Heimat sei er anderes gewohnt. Matan kommt aus einem kleinen Dorf nahe der israelischen Stadt Tel Aviv. Dort herrscht viel mehr Trubel und noch nie hat er so viele pinkfarbene Gebäude gesehen wie in Döbeln, erzählt er. Seit ein paar Tagen ist Matan mit der 16-jährigen Noa am Lessing-Gymnasium zu Gast. Beide Jugendliche lernen hier einiges über die deutsche Kultur und bekommen die Gelegenheit, den Schulalltag kennenzulernen.
Ermöglicht wurde ihnen das durch das Johannes-Rau-Stipendiaten-Programm. Das hat der ehemalige Bundespräsident anlässlich seiner Reise nach Israel im Februar 2000 ins Leben gerufen. Ziel des Programmes ist, dass israelische Schüler innerhalb von zwei Wochen in Gastfamilien und Schulen sowie bei einem gemeinsamen Berlinaufenthalt das Leben in Deutschland persönlich kennenlernen und darüber in ihrer Heimat berichten. Für die Schulen und Gastfamilien bietet dieser Austausch die Gelegenheit, erste Kontakte zu dem Staat aufzubauen, aus denen sich möglicherweise sogar eine Partnerschaft entwickeln kann sowie bestehende Kontakte zu vertiefen.
Für das Lessing-Gymnasium ist die Teilnahme eine Premiere. „Wir haben uns beworben und freuen uns, dass es geklappt hat“, sagt Schulleiter Michael Höhme. Von dem Aufenthalt der beiden Israelis profitieren vor allem die Schüler der elften und zwölften Klassen in dem Wahlkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“. Dieser erfreue sich wachsender Beliebtheit, so Michael Höhme. Doch nicht nur für die Schule ist der Austausch ein Glücksgriff, sondern auch für Sachsen.
Denn von den insgesamt 20 Israelis, die derzeit über das Johannes-Rau-Stipendiaten-Programm in Deutschland weilen, sind Matan und Noa die einzigen im Freistaat. Stets an ihrer Seite sind die beiden Schülerinnen Lisa Werner und Josephine Katzer. Die beiden haben die israelischen Gäste für die Zeit ihres Aufenthaltes bei sich zu Hause aufgenommen. „Wir sind froh, dass sich die Eltern dazu bereit erklärt haben“, betont Schulleiter Michael Höhme. Innerhalb von drei Tagen wurden die Zwölftklässlerinnen in Bonn auf ihre Aufgabe vorbereitet. Im Mittelpunkt standen vor allem Gespräche über die deutsch-israelischen Beziehungen, erzählen die Schülerinnen. Berührungsängste gab es bei den Mädchen jedoch von Anfang an nicht. „Ich war 2012 schon einmal in Israel. Ich mag die Vielfalt an Kultur und die Freundlichkeit der Menschen“, schwärmt die 17-jährige Josephine Katzer. Für Lisa Werner ist es eine ganz neue Erfahrung. „Ich war noch nie in Israel, möchte aber einmal hin“, sagt die 18-Jährige.
Damit sich ihre zwei Gäste wohl fühlen, haben sie schon einiges unternommen, erzählen die Zwei. Von Bowlen über Kickboxen bis hin zu Ausflügen mit dem Fahrrad oder zum Pilze sammeln war alles dabei. Die Zeit in Döbeln neigt sich nun dem Ende entgegen. „In der zweiten Woche fahren Matan und Noa nach Berlin, wo sie mit den anderen israelischen Austauschschülern zusammentreffen. Dann absolvieren sie ein Gemeinschaftsprogramm, bei dem unter anderem das jüdische Museum besucht und das Bundespräsidialamt besichtigt werden“, so Michael Höhme. Eine Fortsetzung der Teilnahme an dem Austauschprogramm im nächsten Jahr schließt der Schulleiter nicht aus.
Döbelner Anzeiger
Doreen Hotzan
05.10.2015