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Der Golem

Rabbi Löw und sein Golem, Mikoláš Aleš / Public domain

Golem = hebräisch: Klumpen, formlose Masse
Seit dem Mittelalter in der jüdischen Literatur und Mystik die Bezeichnung für ein künstlich (meist aus Lehm und Ton) erschaffenes menschliches Wesen (besitzt besondere Kräfte; jedoch ohne Sprache; teilweise von gewaltiger Größe).


Schon immer faszinierte die Menschen das sogenannte Wunder des "Schöpfungsaktes". Das Erschaffen eines Golems ist somit die Nachahmung bzw. die Wiederholung der Taten Gottes und das Streben, das Aussterben der Menschen zu verhindern.

Da für die Juden keine Distanz zwischen Mensch und Gott existiert, war dies die Voraussetzung für einige Schöpfer, das Wagnis einzugehen. Man wollte somit Gott etwas näher kommen. Durch die negativen Erfahrungen der fortlaufenden Verfolgung der bekennenden Juden, sollte der Golem vordergründig die Funktion eines Helfers oder die eines Schutzschildes einnehmen, welches alle jüdischen Gemeinden vor Gewalttaten beschützt. Durch die im Mittelalter vollzogene Spaltung zwischen Juden und Christen und der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Jerusalem, kam es zum Rückzug vieler in die Privatsphäre. Man widmete sich nun der Mystik. Die Kabbala (mystische jüdische Religionsphilosophie, die sich mit der Frage über das Sein vor der Schöpfung beschäftigt) ist dafür die Grundlage. Während dieser Zeit und später entwickelt sich der Golem zu einem wichtigen Element, um die nationale Identität der Juden am Leben zu erhalten.

Reproduktion des Prager Golems, user Thander, Public domain

Der Golem diente auch später als Vorlage für "Frankenstein", welcher ein Monster aus Leichenteilen konstruierte, von dem er später umgebracht wurde. Für die Juden waren jedoch die Golems nie Symbolfiguren für ein Monster, sondern vielmehr galten sie als Helfer, Freunde oder sogar Befreier.

verfasst von: Susanne P.

„Eines Tages habe ein Rabbiner aus Tonerde und Wasser eine menschliche Gestalt geformt und sie zum Leben erweckt. Er schuf einen künstlichen Menschen – einen GOLEM.
Auszug aus der überlieferten jüdischen Volkssage von Rabbi Löw

Begriff / Erschaffung

-hebräisch: "ungeformte, unvollendete Masse, Klumpen"
-überliefert aus der jüdischen Mythologie, später auch der Literatur
-bezeichnet einen stummen Menschen mit besonderen Kräften und teils übermenschlicher Größe
-wird künstlich durch rituell-religiöse Kräfte erschaffen
-nach der Überlieferung nimmt ein Rabbiner ein Stück Lehm eines unberührten Landes und formt daraus mit Wasser eine menschliche Gestalt
-dann kreist er um die Gestalt und formuliert göttliche Namen und Buchstabenkombinationen aus der Kabbala
-auf ein Stück Pergament schreibt er den Namen des heiligen Gottes, schiebt es dem Golem in den Mund und die tote Materie erwacht zum Leben

Bedeutung

-Wunder der Schöpfung interessierte Menschen seit jeher
-Juden besitzen eigenes Verhältnis zur Schöpfung
-man glaubt, durch die Erschaffung eines künstlichen Wesens Gott näher kommen zu können
-Legende des Golem tief im Judentum verankert, da Golem als Metapher für "künstlichen Schöpfungsakt" gesehen wird
-für Juden ist Golem Sklave, Diener, Helfer, Schüler, Gefährte, Schutzschild gegen Feinde, Beschützer des Ghettos, Hoffnung auf Zeit ohne Verfolgung (wichtig für jüdische Identität nach Mittelalter- pogromen)
-hatten aber auch Angst vor Amoklauf, Wut und Zerstörungskraft der Golems
-Golem später Vorlage für andere Wesen, z. B. Frankenstein

Kabbala

-ist eine esoterische Philosophie, und mystische Geheimlehre des Judentums
-Beginn im 12. Jhdt. in Südfrankreich
-Blüte im 13. Jhdt. nach Kreuzzügen in Spanien, da sich die Juden nach der Zeit der Unterdrückung ins "Private" zurückzogen
-Kabbala versuchte durch Meditation und Magie zu einem besseren Glaubensverständnis zu verhelfen
-Glaube daran, dass nur Anhänger der Kabbala Golems erwecken können, da nur sie die notwendigen Buchstaben und Formeln kennen

Sage um Rabbi Löw

Szenenfoto aus dem deutschen Stummfilm "Der Golem", 1914

-bedeutendste überlieferte Golemlegende
-Löw lebte 1525 -1609 in Prag (Zentrum des europ. Judentums), war Rabbiner und Kabbalist
-hieß eigentlich Rabbi Judah Loew ben Bezalel
-erschuf nach dem traditionellen Ritus einen Golem, der ihm aufs Wort gehorchte
-der Golem beschützte die Juden des Prager Ghettos
-wurde jeden Freitag vor dem Sabbat vom Rabbi "zurückverwandelt"
-einmal vergaß Löw seinen Golem - dieser geriet in Zorn und zerstörte das Ghetto und zündete es an
-doch Sabbat hatte noch nicht begonnen --- Löw konnte Golem ruhigstellen
-Golem wurde nie wieder erweckt, Überreste ruhen laut Legende auf dem Dachboden der Prager Synagoge


verfasst von Susanne P.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 1999/2000