Die "Babylonische Gefangenschaft"

Die Bewohner
Die Bewohner einer israelitischen Stadt werden von Eroberern in die Gefangenschaft getrieben (Relief aus Nimrud 8. Jh. v. Chr., London, British Museum)

Die Hauptperson in diesem Buch des Alten Testaments ist Ester. Als schöne Jüdin lebt sie in babylonischer Gefangenschaft unter dem König Xerxes. Da sie keine Eltern mehr hat, wächst sie bei ihrem Pflegevater Mordechai auf, welcher aus Juda nach Babylonien deportiert wurde. Die Babylonische Gefangenschaft (586- 538 v.Chr.) entstand in Folge der Eroberung des Staates Juda durch den neubabylonischen König Nebukadnezar II.. Nachdem Juda seinen Vasalleneid gegen Nebukadnezar brach, verlor es 597 v.Chr. seine Unabhängigkeit.

Eduard Bendemann, Die trauernden Juden im Exil, Öl auf Leinwand, 1832 (Wikimedia Commons)

Der König und die Oberschicht des Landes (Handwerker und Kaufleute) wurden in die Verbannung nach Babylonien geführt - Deportationen gehörten zu den Machtmitteln altorientalischer Herrscher. Zehn Jahre später wagten die Juden erneut den Aufstand, im Vertrauen auf ägyptische Hilfe. Dieser Aufstand scheiterte und Nebukadnezar ließ die Hauptstadt Jerusalem zerstören. Nochmals wurden schätzungsweise 45 000 Menschen nach Babylon zwangsumgesiedelt. Die Verbannten wohnten in geschlossenen Siedlungen; ihr nationaler Zusammenhang blieb gewahrt und ihre Hoffnung auf Rückkehr ins eigene Land erhalten. Sie wurden nicht zur Aufgabe ihrer religiösen Bräuche gezwungen und unterlagen keinen Sondergesetzen. Die Berufsvielfalt der Israeliten wurde in Babylonien weiter gepflegt (Landwirtschaft, Handel und Verwaltung).

Die babylonische Eroberung beendete das erste jüdische Staatswesen, das auch als die Zeit des Ersten Tempels bekannt geworden ist, nicht jedoch die Verbundenheit der Juden mir ihrem Land. "An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten", sangen sie. "Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre meine Rechte. Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein" (Psalm 137,1.5.6).

Das babylonische Exil ist der Anfang der jüdischen Diaspora ("Zerstreuung"). In diesen Jahren wurde der Grundstein für den Judaismus als eigenständige Kultur und Lebensanschauung außerhalb des Landes Israel gelegt, der letztlich das nationale und spirituelle Überleben des Volkes sicherte und es als Nation vor dem Aufgehen in seiner Umwelt bewahrte.

Die Suche nach einer neuen Gemahlin für den König
Da der König nun keine Königin mehr hat, sucht er eine neue Gemahlin. Alle schönen
Jungfrauen sollen auf das Schloss zu Susa gebracht und für den König hergerichtet werden. Auch Ester wird ausgewählt und bleibt wie die anderen Frauen 12 Monate zur Pflege. Während dieser Pflege genießt sie einige Vorteile, da sie dem Kämmerer, welcher sich um die Frauen kümmert, gefällt. Sie verschweigt ihre Herkunft, so wie es Mordechai ihr geraten hatte. Nach der Pflegezeit werden die Frauen einzeln zum König gebracht, welcher sich eine ganze Nacht für eine Frau Zeit nimmt. Danach kommen sie in ein anderes Frauenhaus und dürfen nicht wieder vor den König treten.
Ester ergeht es anders. Sie wird nicht wieder von Ahasveros fortgeschickt, sondern zur Königin gekrönt, da sie ihm am besten gefällt.

Mordechai entdeckt eine Verschwörung gegen den König
Als Mordechai am Tor des Königs sitzt, hört er zwei Kämmerer, welche in Zorn gegen Ahasveros geraten und ihn umbringen wollen. Dies sagt er Ester, welche es dem König in Mordechais Namen ausrichtet. Nachforschungen bestätigen die Aussage und die Kämmerer werden erhängt. Dieser Vorfall wird für den König in das Buch der täglichen Meldungen eingetragen.

Haman will die Juden vernichten
Ahasveros erhebt Haman zum mächtigsten aller Fürsten und erlässt ein Gebot, welches besagte, dass alle vor Haman niederknien sollen. Als Mordechai dieses Gesetz nicht befolgt, fühlt sich Haman beleidigt und beschließt an dem durch das Los (pur - Purimfest) bestimmten 13. Tag des 12. Monats Adar das ganze jüdische Volk im persischen Reich zu vernichten. So geht er zum König und behauptet, dass die Juden die Gesetze nicht einhalten würden und appelliert an Ahasveros, dass er dieses nicht dulden könne. Um seinen Willen durchzusetzen, bietet Haman dem König viel Geld, so dass dieser ihm schließlich freie Hand lässt. Daraufhin wurden Schreiben, welche die Tötung der Juden und die Aneignung ihres Besitzes an dem bestimmten Datum befehlen, verfasst und ausgesandt.

Ester wird dazu bestimmt für die Juden einzutreten
Mordechai hört von dem Vorhaben Hamans und hüllt sich in Sack und Asche, um dies zu beklagen. In dieser Verfassung erscheint er vorm Palast und wird von den Dienern Esters gesehen. Diese wundert sich über das Verhalten Mordechais, und schickt ihre Diener, um die Gründe dafür zu erfahren. Daraufhin erhält sie von ihrem Pflegevater eine Abschrift des Gesetzes und den Auftrag vor dem König für die Aufhebung dieses Gesetzes zu bitten. Ester versucht sich dagegen zu wehren, da sie um ihr Leben fürchtet. Sie darf nicht zum König gehen, ohne das sie gerufen wird und wenn sie dieses Gebot bricht droht ihr der Tod.
Mordechai besteht aber auf seinem Anliegen und droht ihr mit dem Zorn Gottes. Außerdem verweist er auf die göttliche Vorhersehung, die aussagt, dass Ester Königin geworden ist um das Judentum zu retten. Ester fügt sich in ihre zugedachte Rolle und bittet die Juden um Beistand durch Fasten.
Nach drei Tagen geht Ester zum König und wird von ihm begnadigt, so dass sie trotz Gesetzverstoß nicht getötet wird. Auf seine Frage, nach ihrem Anliegen, lädt sie Ahasveros und Haman zu einem von ihr veranstalteten Gastmahl ein. Während des Mahles fragt Ahasveros erneut nach ihren Wünschen. Wieder begnügt sich Ester damit, den König und Haman zu einem Mahl einzuladen.

Haman will sich an Mordechai rächen
Mordechai verweigert wieder die Reverenz gegenüber Haman, was diesen in Zorn geraten lässt. So beschließt Haman die Hinrichtung Mordechais am Galgen und lässt diesen auch sogleich aufrichten.

Pieter Lastman, Der Triumph des Mordechai, Öl auf Holz 1624

Das Buch Ester

Der persische Großkönig Ahasveros verstößt seine Gemahlin
Ahasveros (griechisch: Xerxes) veranstaltet in seinem dritten Herrscherjahr ein großes Festmahl, welches sich über mehrere Tage hinzieht. Parallel dazu feiert auch seine Frau, Königin Waschti, mit anderen Frauen ein Festmahl. Am siebten Tag befiehlt er seinen Kämmerern, daß sie Königin Waschti holen sollen, damit er ihre Schönheit den Fürsten und dem Volk zeigen kann. Seine Frau verweigert sich aber diesem Befehl und der König wird darüber zornig. So beruft er eine Beratung ein, um über die Bestrafung der Königin zu entscheiden. Ein Gesetz findet schließlich Zustimmung, indem geschrieben steht, daß Waschti sich nicht mehr dem König zeigen darf und ihrer königlichen Würde enthoben wird. Der König und seine Berater befürchten, daß durch Waschtis Handlung auch andere Frauen zur Auflehnung gegen ihre Männer animiert werden könnten. Das Gesetz würde die Frauen davon abschrecken, meinen sie.

Jan Livens, Das Fest von Esther, Öl auf Leinwand, 1625 (Wikimedia Commons)

Haman muß Mordechai ehren
Als der König eines Nachts nicht schlafen kann, sieht er in das Buch der täglichen Meldungen. Darin liest er, dass Mordechai einen Mordplan gegen ihn vereitelt hat und er überlegt, was er diesem für seinen Dienst Gutes tun könnte. Haman, der sich gerade in der Nähe befindet, weil er um die Erlaubnis zur Hinrichtung Mordechais bitten wollte, wird vom König gefragt: "Was soll man dem Mann tun, den der König gern ehren will?" Haman fängt daraufhin an ehrenvolle Dinge aufzuzählen; dass derjenige königliche Kleider tragen, auf dem königlichen Pferd reiten und ein Fürst ihm die prunkvolle Kleidung anziehen soll und ihn durch die Stadt führen und dabei sagen: "So tut man dem Mann, den der König ehren will". Haman dachte, dass er derjenige ist, den der König gern ehren will. Statt dessen bekommt er den Auftrag die Rolle des Fürsten zu übernehmen und mit Mordechai so zu verfahren, wie er gesagt hat. Dies ist eine Erniedrigung für Haman und zeigt seine Machtlosigkeit gegenüber Mordechai.

Haman wird an den Galgen gehängt
Nach diesem Vorfall geht Haman zu dem Gastmahl Esters. Bei dieser Gelegenheit fragt der König erneut, was Ester begehrt und um was sie bitten will. Ester antwortet auf diese Frage mit der Bitte um ihr Leben und dem Begehren nach ihrem Volk. Sie begründet ihre Wünsche mit der Verfolgung ihres Volkes, welches verkauft ist, damit es vertilgt, getötet und umgebracht wird. Haman wird durch Ester als derjenige, der diese Verfolgung verursacht hat, entlarvt und fällt so bei dem König in Ungnade. Haman wird daraufhin an dem Galgen aufgehängt, der eigentlich für Mordechai gedacht war.

Wendung Zugunsten der Juden
Ester bittet nun um die Aufhebung des Gesetzes, welches die Vertilgung der Juden befiehlt. Der König lässt Ester freie Hand und sie verfasst zusammen mit Mordechai die Schreiben, welche das Gesetz widerrufen.
Als das Schreiben zum Gesetz geworden war, fürchten sich die anderen Völker vor den Juden und treten zum Judentum über, denn das Gesetz besagt, dass der König den Juden die Erlaubnis zu Versammlungen gibt und sie ihr Leben gegen Angreifer verteidigen und diese umbringen sowie ihren Besitz plündern dürfen.

Die Juden rächen sich an ihren Feinden
Als der Tag kam, an dem Hamans Gesetz gelten sollte, versammeln sich die Juden, um sich zu wehren. Dabei wird ihnen auch geholfen, da man sich vor Mordechai und ihnen fürchtete, denn Mordechai besaß ein großes Ansehen beim König. So töten die Juden ihre Feinde. In der Festung Susa bringen sie ca. 500 Menschen um. Dies hört der König und er richtet die Frage an Ester: "Was bittest du, dass man dir's gebe?" Ester verlangt darauf noch einen Tag mehr, an dem sich die Juden an ihren Feinden rächen können. Dies wird ihr gewährt. So wird der 13. und 14. Adar an Stelle des von Haman angestifteten Pogroms zum Tag der Rache der Israeliten im persischen Reich an ihren Feinden. Der 15. Adar wird in Susa, der 14. in den Provinzen als Tag des Purimfestes bestimmt, da sie an diesen Tagen sich von der Rache ausruhten und den Triumph über ihre Feinde feierten.